Rechts-Links-Schwäche
Von Montagsdemos und Verschwörungstheorien
"Weg mit Hartz IV! - Das Volk sind wir! - Montag ist Tag des Widerstands!" - so lautet der Slogan der neuen Montagsdemonstrationen, die sich hauptsächlich über's Netz organisieren. Sie bezeichnen sich als sogenannte Friedensbewegung 2014. Doch dahinter stecken offenbar auch rechtsextreme Gruppierungen.
Ein neuneinhalb-minütiges Youtube-Video schreckt derzeit besonders auf: Unter dem Titel "Anonymous - Nachricht an die deutsche Bevölkerung" verbreitet eine Gruppe krude Verschwörungstheorien. Die Zeit sei gekommen, dass sich "das deutsche Volk erheben muss", heißt es da. Man sei gefangen in einem Teufelskreis aus "Tabuthemen, Geschichtsfälschung, politischer Korrektheit, Zensur, Manipulation Gehirnwäsche". Deutschland sei ein "besetztes Land", werde "von der BRD-GmbH verwaltet, die Deutschen sind das Personal". Unser Land liege "in Trümmern". Die Losung "Das Volk sind wir!" der überparteilichen Montagsdemonstrationsbewegung gegen die Hartz-Gesetze wird verdreht in "Wir sind das Volk!".
Aufruf zum Medien-Spam
Das Video, das weitgehend als schräge Collage von Politiker-Zitaten daherkommt, kursiert seit dem 14. April 2014 im Netz - und fordert: Schluss mit der systematischen Umerziehung und geistigen Manipulation durch Medien und Schule, mit der gezielten Zerstörung der Familie und dem Multi-Kulti-Wahnsinn. Verbreitet wurden die Forderungen über die Seite Anonymous.Kollektiv. Auch ein Spam-Aufruf gegen viele deutsche Medien nahm hier seinen Anfang. Vorgefertigte Copy-and-Paste-Kommentare müllen seitdem die Facebook-Accounts namhafter Medienseiten zu. Auch auf unser Kulturzeit-Gespräch hin mit Jutta Ditfurth vom 16. April 2014 hagelte es Kommentare.
Die Kritik der Protestler: Die Medien würden einseitig zum Beispiel über die Krim-Krise berichten, Montagsdemos für den Frieden ignorieren. Dass der Aufruf tatsächlich von dem bekannten Aktivistenkollektiv Anonymous stammt, das sich für die Freiheit im Netz stark macht, ist indes zweifelhaft. Der Begriff "Anonymous" ist nicht geschützt. Die bekannte Szene hat sich längst distanziert. Man wolle sich doch lieber wieder "wichtigeren Themen wie Zensur, Informationsfreiheit, Scientology, etc. widmen", erklärte sie. Auch die traditionelle bundesweite Montagsdemonstrationsbewegung, die ihren Ursprung in den Protesten gegen das politische System in der DDR hat, will mit der aktuellen Strömung nichts zu tun haben.
Nicht duchschaubar
Fakt ist: Der Begriff "Montagsdemonstration" wird derzeit massiv aufgeweicht. Das Problem für die Öffentlichkeit ist, dass es nicht wirklich durchschaubar ist, wer genau wofür steht. Auch manche Demonstranten sind noch immer ahnungslos, versammeln sich nach wie vor zu Demos am Brandenburger Tor in Berlin oder auch auf dem Jungfernstieg in Hamburg - im Glauben, sie machten sich stark für den Frieden. Doch leider ist das derzeit oft nur die halbe Wahrheit.
Kulturzeit-Gespräch mit ...

Jutta Ditfurth, Soziologin und Autorin
(16.04.2014)
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