Außenminister Kurz im Interview: "Jedes Amt ist riskant"
ÖSTERREICH: Sie sorgen als jüngster Außenminister Europas international für Aufsehen. Überrascht?
Sebastian Kurz: Ich freue mich über sehr viele positive Stimmen. Schwedens Außenminister Carl Bildt hat mir auf Twitter gleich gratuliert. Und UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon hat mich nach meiner Angelobung angerufen. Das ist natürlich schön und gibt mir die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit zu nutzen, um meine politischen Standpunkte zu vermitteln. Insofern bin ich positiv überrascht.
ÖSTERREICH: Welche Akzente wollen Sie in der Außenpolitik setzen?
Sebastian Kurz: Vom Zugang her ist es mein Ziel, das Ministerium weiterhin als Serviceeinrichtung für alle Österreicher zu etablieren. Wir haben 500.000 Auslandsösterreicher und unzählige Menschen, die weltweit Urlaub oder Geschäfte machen, sie alle sollen das Außenamt auch als Servicestelle nutzen können.
ÖSTERREICH: Welche inhaltlichen Visionen haben Sie?
Sebastian Kurz: Ich glaube, dass wir nicht nur Mitgliedsstaat in der EU sind, sondern auch eine aktive Rolle in der EU haben. Hier kann ich einen jungen Blickwinkel auf die Union einbringen. Ich bin mit der EU als Selbstverständlichkeit aufgewachsen.
ÖSTERREICH: Die EU-Politik wird aber eher vom Kanzler bestimmt, oder?
Sebastian Kurz: Der Bundespräsident ist derjenige, der Österreich nach außen vertritt. Und natürlich hat auch der Bundeskanzler eine internationale Aufgabe. Aber ich kann als Außenminister da auch eine starke Rolle spielen. Und ich denke, dass ich mithelfen kann, ein Stück weit ein modernes und weltoffenes Bild von Österreich in der Welt zu vermitteln.
ÖSTERREICH: Die Außenpolitik ist zuletzt mit zwei Blamagen aufgefallen: dem Abzug vom Golan und der Besetzung bei den Trauerfeierlichkeiten für Mandela. Wie sehen Sie das?
Sebastian Kurz: Ich glaube, dass wir im Bereich friedenserhaltende Maßnahmen eine starke Verantwortung haben. Und ich finde es gut, dass das auch im Regierungsprogramm festgeschrieben ist, dass wir ein gewisses Kontingent als Blauhelme stellen. Das ist ein wichtiges Signal. Zu Ihrem zweiten Punkt: Ich hätte es auch schön gefunden, wenn wir zu Ehren Mandelas hochkarätig besetzt gewesen wären, auch wenn der Bundespräsident einen wichtigen anderen Termin wahrnehmen musste. Ich habe daher an meinem ersten Tag als Außenminister als ersten Termin die südafrikanische Botschaft besucht, um mich im Kondolenzbuch einzutragen.
ÖSTERREICH: Ein brisantes außenpolitisches Thema, das auch Sie betreffen wird, sind künftige Beziehungen zum Iran. Wie stehen Sie dazu?
Sebastian Kurz: Ich finde es gut, dass mittlerweile eine Gesprächsbasis und ein scheinbarer Weg für eine Abrüstung vorankommen könnten. Ich verstehe aber gleichzeitig die Bedenken, die Israel hat. Und wir sollten – aus unserer historischen Verantwortung heraus – diese Bedenken stets sehr ernst nehmen.
Autor:
I. Daniel