Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Philipp Mißfelder (CDU), steht derzeit neben Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) im Zentrum der Kritik unserer kriegsgeifernden Journaille, nachdem bekannt geworden war, dass der junge CDU-Mann an dem Geburtstagsempfang für Schröder in St. Petersburg teilgenommen hat. Gibt es einen Rebell für den Frieden am Hofe unserer Kanzlerin oder ist Mißfelder schlicht ein Tollpatsch, der notwendiges Fingerspitzengefühl vermissen lässt?
Dieser Mißfelder. Während die meisten Unionspolitiker in die Kakophonie und das Kriegsgeheul einstimmen, war der 34-Jährige zuletzt aufgefallen, als bekannt wurde, dass er vom Posten des sogenannten Amerika-Beauftragten der Bundesregierung zurücktritt. Er kritisierte auch “den zum Teil religiösen Antrieb” vieler Russland-Kritiker und machte sich damit in seiner Fraktion nicht unbedingt Freunde, sitzen dort doch sehr viele eben jener Kritiker Moskaus, die Anstoß an so ziemlich allem nehmen, was Russland Präsident Wladimir Putin derzeit tut oder nicht tut. Mißfelder ist lange genug im politischen Geschäft und seit dem Jahr 2005 Bundestagsabgeordneter, sodass es wenig wahrscheinlich erscheint, dass es sich bei ihm um ein politisches Greenhorn handelt, das nicht um die Tragweite seines Besuchs bei einer Geburtstagsfeier wüsste, an der auch Putin teilnahm.
Die Kanzlerin schäumt, war sie doch über die Reise von Mißfelder nach St. Petersburg dem Vernehmen nach vorab nicht informiert worden. Merkel, die sich derzeit auch mit
sinkenden Popularitätswerten konfrontiert sieht, kann so etwas naturgemäß gar nicht haben, wenn einer der ihren nicht auf Linie des Kanzleramts ist und – an Dreistigkeit kaum zu überbieten – den eigenen Kopf zum Denken und nicht zum Absondern irgendwelcher im Vorfeld autorisierter Sprechblasen benutzt. Dabei dürfte das Treffen zwischen Schröder und Putin und Mißfelder, der mit den beiden alten Kumpels am Montagabend zusammengesessen haben soll, mehr Bewegung etwa in der Sache der in der Ost-Ukraine festgehaltenen Bundeswehr-Soldaten, die man nur mit sehr sehr viel Fantasie als “OSZE-Beobachter” bezeichnen kann, gebracht haben als die Einseitigkeit, mit der Merkels Regierung in der Ukraine-Krise agiert.
Man wäre naiv, wenn man davon ausginge, dass Mißfelder nicht um die Folgen seiner Reise wusste, auch wenn er vielleicht nicht damit gerechnet hat, dass seine Teilnahme an der Geburtstagsfeier der breiten Öffentlichkeit derart schnell bekannt wird. Die Frage seines Motivs bleibt damit allerdings unbeantwortet. Als Vorstandsmitglied der Atlantik-Brücke macht sich Mißfelder zumindest nicht verdächtig, ein besonders inniges Verhältnis zu Moskau zu pflegen. Er selbst will sich momentan in der Öffentlichkeit nicht zu seiner Reise äußern. Seinen Rückzug vom Posten des Amerika-Beauftragten hatte Mißfelder mit möglichen Interessenkonflikten begründet. Damit lässt er Raum für die Hoffnung, dass sich ein Politiker – und auch noch einer von der CDU – den guten Beziehungen zwischen Deutschland und Russland und damit in letzter Konsequenz auch dem Frieden in der Ukraine und in Europa mehr verpflichtet fühlt, als den Scharfmachern auf der anderen Seite des Atlantiks. Der Kadavergehorsam der Bundesregierung, die Washington offenkundig blind und auch bis in den Abgrund zu folgen bereit ist, und der deutschen Mainstream-Medien, die selbiges hinsichtlich der Regierung Merkels praktizieren, ist jedenfalls nicht der Weisheit letzter Schluss. Insofern kann man Schröder und auch Mißfelder für ihren Mut nur beglückwünschen, dass sie die viel beschworenen Gesprächskanäle mit Moskau offen halten, während andere diese Kanäle mit aller Macht zuschütten wollen.
Quelle:
http://www.iknews.de/2014/05/01/miss...er-tollpatsch/