Ukraine und Krim-Krise: Das fehlende Puzzleteil der Berichterstattung?
Von Alexander Hahn | 04. März 2014 |
Groß ist wieder einmal das Geschrei, das zur Zeit angesichts der
Krim-Krise und der Situation in der
Ukraine durch die westlichen Massenmedien geht. "Putin lässt Panzer rollen", "Putin lässt Truppen aufmarschieren.", "Putin hält sich Einmarsch offen." "Inakzeptabel, was Russland da macht. Die NATO muss da eingreifen und diesen Mann stoppen! Völkerrechtsbruch!" (Jugoslawien, Irak, Afghanistan, ... sorry, war da nicht auch was im Westen, worüber man vielleicht mal sprechen sollte, bevor man den Mund aufmacht und herumschreit?)
Man könnte beim Lesen so manches vor Hetze triefenden Artikels in den westlichen Medien fast schon meinen, der Mann mit dem Schnauzbart und der braunen Uniform sei in Form des russischen Präsidenten reinkarniert und nun persönlich dabei, sich bereit zu machen, in den nächsten Jahren ganz Europa zu überrennen.
Es scheint so, als haben die antirussischen Hetzer in so manch einer Redaktionsstube absolute Hochkonjunktur. Und bevor Sie jetzt anfangen, mir zu erzählen, wie böse doch "der Russe" natürlich ist und was mir einfällt, das auch noch zu hinterfragen, beachten Sie bitte: Ich selbst bin
absolut kein Freund militärischer Einmärsche
jeglicher Art. Doch dort, wo die Propaganda laut tönt und wieder mal die wichtigsten Teile einer Situation auslässt, ist es Zeit nachzufassen. Und genau das möchte ich heute tun, allerdings mit Fakten, Belegen und Links, die Sie sich selbst ansehen können und sollten, statt wilden Behauptungen und Halbwahrheiten, wie sie uns zur Zeit der Mainstream wieder einmal vielerorts serviert...
Die Situation in der Ukraine einmal aus einem anderen, jedoch sehr wichtigen Blickwinkel betrachtet...
Hand aufs Herz, wissen Sie, was das Wörtchen "otpor" heißt?
Nein? Dann geht es Ihnen wahrscheinlich genauso wie den meisten anderen Menschen, welche dies gerade lesen. Dabei ist dies eines der wichtigsten Wörter, wenn Sie so manch ein politisches Geschehen der letzten Jahre richtig verstehen möchten anstatt von der abendlichen Nachrichtensendung gezielt in die Irre geführt zu werden. Merken Sie es sich gut. Sie werden gleich erfahren weshalb. Doch der Reihe nach...
Friedliches Aufbegehren Unterdrückter oder vom Westen systematisch angestiftete Umstürze?
In den letzten Jahren haben wir in vielen Ländern eine Reihe von "friedlichen Demokratiebewegungen" gesehen, bei denen (scheinbar) ein unterdrücktes bzw. "ausgeplündertes" Volk aufsteht und sich gegen seine politische Führung wehrt (selten nicht vorher erst vom Westen installiert, aber dann irgendwo in Ungnade gefallen). Soweit zumindest die Märchenstunde, mit der Sie in den Medien abgefüttert werden. Sie alle kennen sicherlich noch den "arabischen Frühling" oder die Farbenrevolutionen in Osteuropa (z.B. Ukraine, Georgien). In den Medien erzählte man uns, die Menschen dort wollten endlich "Freiheit von Diktatoren", sinngemäß tobe hier ein Aufstand der Anständigen gegen das Unanständige. Und was in einem Land begann, stecke natürlich im "Geiste der Freiheit" die Nachbarländer mit an. Doch was wäre, wenn es sich hier um etwas mehr als nur "natürliche Kettenreaktionen" aufgrund von "Demokratiehunger" der einzelnen Völker handelt? Was wäre, wenn in den westlichen Medien wieder einmal über das wichtigste Stück der Geschichte, das fehlende Bindeglied zwischen diesen Vorfällen, bewusst nicht berichtet wird und Sie wieder mal für dumm verkauft werden?
Erinnern wir uns nochmals an das Wort "otpor" von soeben und gehen etwas in der Zeit zurück.
Otpor: Die Spur führt zunächst nach Serbien
Otpor kommt aus dem Serbischen und heißt sinngemäß übersetzt etwa "der Widerstand". Bei "otpor!" handelt es sich um eine serbische Organisation, die in den 1990er Jahren gegründet wurde, um den damaligen Machthaber Slobodan Milosevic zu stürzen. Seit 2000 verfügt die Organisation auch über einen Parteienarm, der 2004 jedoch in der serbischen Partei Demokratska Stranka aufging.
Doch was macht "otpor!" so besonders und was hat diese Organisation mit Revolutionen weltweit zu tun?
Dazu müssen wir uns zunächst einmal das Wirken von "otpor!" in den 1990ern ansehen. Hierzu empfehle ich Ihnen, sich 20 Minuten Zeit zu nehmen und das Lesen dieses Artikels kurz zu unterbrechen. Die nachfolgende Dokumentation wurde 2011 im ORF2 gezeigt und enthält einen absolut wichtigen und sehenswerten Überblick über "otpor!", den ich selbst nicht besser geben könnte:
Dokumentation "Die Revolutionsprofis" (ORF)
(URL:
)
Ich gehe in den nachfolgenden Abschnitten davon aus, dass Sie die Dokumentation nun gesehen haben.
Die fünf Phasen eines "otpor!"-Putsches
Auch wenn, wie in der Dokumentation erwähnt, jede Aktion ihr eigenes Markenzeichen erhält, so ist doch ein sanfter Putsch nach dem "otpor!"-Rezept meist in fünf Phasen aufgeteilt, an denen Sie das Wirken von "otpor!" erkennen können, wenn Sie die internationalen Geschehnisse betrachten:
- Gründung und Unterstützung von Organisationen im Land. Die erste Stufe einer Umsturzprozedur ist das Auftreten und Durchführen von medial spektakulären "Widerstandsaktionen". Diese rufen die Medien im westlichen Ausland auf den Plan. Dort beginnt die einseitige Berichterstattung und die Aktionen werden entweder übertrieben dramatisiert oder Stück für Stück einseitig emotionalisiert. Die Stimmungsmache und Hetze beginnt.
- Schaffung von Symbolen mit Wiedererkennungswert: Hier seien die Rosen in Georgien und die Farbe Orange in der Ukraine genannt. Dieser Schritt dient primär dazu, weiteres Moment und gemeinsame Identifikation für die "freiheitliche Revolution" zu erzeugen.
- Infragestellen eines fairen Wahlverlaufs: Egal, was letztlich wirklich geschehen ist. Es wird nun grundsätzlich eine Behinderung der Opposition im Wahlkampf unterstellt und auf diese hingewiesen. Gleichzeitig wird auf dieser Grundlage über mögliche und wirkliche Manipulationen im Vorlauf der Wahl - z.B. einseitige Besetzung der Wahlkommission mit regierungstreuen Beamten oder ausschließliche Medienpräsenz des Regierungskandidaten - berichtet und im westlichen Ausland in dieser Deutungshoheit berichtet. Die Fakten spielen dabei keine Rolle, so lange die Berichterstattung der politischen Linie des Westens dient. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt eine Ausweitung der medialen Berichterstattung im Ausland mit einem einseitigen Schwerpunkt auf den Behinderungen der Opposition und einer negativen Bewertung der jeweiligen Regierungen.
- Friedliche Proteste ab dem Wahlabend starten die entscheidenden Phase. Hier werden die Bürgerproteste der Opposition in medial wirksamer Form als Demonstrationen und Kundgebungen organisiert.
- Neuwahlen: Je nach Rückhalt der Bewegung in der Bevölkerung, dem wirtschaftlichen Zustand des Landes und dem politischen Druck aus dem Ausland führen die Proteste nach den Wahlen im günstigsten Fall zu Neuwahlen, bei denen die frühere Opposition die Regierung übernimmt. In den meisten Fällen kommt es auch dazu, dass ein Diktator durch ein weiteres korruptes Regime der Gegenseite ersetzt wird. Profitiert hat die Bevölkerung dabei nicht, lediglich die Geldgeber aus dem Ausland, deren Agenda umgesetzt wurde.
So weit, so interessant. Das erinnert Sie an so manche Revolution der letzten Jahre? Na sowas...
Doch wer finanziert "otpor!" eigentlich? Die Dokumentation oben gab ja bereits einen Vorgeschmack. Sehen wir genauer hin...
Die Geldquellen von "otpor!"
Interessanterweise bietet Wikipedia hier sogar eine gute Übersicht. Lassen wir ein Zitat sprechen:
Die Finanzierung von Otpor erfolgt über ein Geflecht von westlichen Organisationen. Die Finanzierungen sind offizieller Bestandteil der Berichterstattung dieser westlichen Organisationen. Hierzu zählen unter anderem:
- National Endowment for Democracy (NED): Das NED wurde 1983 gegründet, hat seinen Sitz in Washington und wird vorwiegend über das US-Außenministerium finanziert. Im Haushaltsjahr 2006 wurden allein für NED 80 Millionen Dollar aus dem Staatshaushalt geplant. Das NED wirkt international über die Parteieninstitute NDI und IRI, über die im Ausland agierenden Filialen des Gewerkschaftsverbandes AFL/CIO und die Filialen des Unternehmerverbandes »American Center for International Labor Society (ACILS) bzw. das »Center for International Private Enterprise« (CIPE).
- National Democratic Institute (NDI): Das NDI ist seit 1984 die Parteistiftung der Demokratischen Partei mit Sitz in Washington. Vorsitzende ist die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright.
- Republican Institute (IRI): die 1983 gegründete Parteistiftung der Republikanischen Partei ebenfalls mit Sitz in Washington. IRI unterstützt Otpor seit Juni 1997.
- Freedom House: Freedom House ist eine bereits 1941 gegründete US-amerikanische NGO und steht aktuell wie das CPD unter Leitung des früheren CIA-Direktors James Woolsey. Sie hat ihren Hauptsitz in Washington, unterhält aber Außenstellen weltweit.
- Open Society Institute International Renaissance Foundation: Die Organisationen des Multimilliardärs George Soros gehören zu den bedeutendsten Geldquellen der oppositionellen Bewegungen. Soros stellt seinen Einrichtungen die Aufgabe, die »Zivilgesellschaft und alle demokratischen Ansätze in den ehemaligen Sowjetrepubliken zu unterstützen«.
- Committee on the Present Danger (CPD): Im Sommer 2004 erfolgte zum dritten Mal die Gründung des »Komitees gegen die gegenwärtige Gefahr« in den USA. Die erneute Initiative zur Gründung des CPD ging von der »Foundation for the Defense of Democracies« aus, eine der US-amerikanischen Einrichtungen zur Finanzierung, Vorbereitung und Lenkung von Umsturzaktionen im früheren sowjetischen Machtbereich und in anderen Regionen der Welt. Vorsitzender des CPD ist der frühere CIA-Direktor James Woolsey. Zur Effektivierung dieser Aktionen gründete CPD eine Abteilung CPD International. Co-Vorsitzende der CPD-International wurden der frühere tschechische Präsident Vaclav Havel, der ehemalige spanische Regierungschef José Maria Aznar sowie der frühere US-amerikanische Außenminister George Shultz.
(Hervorhebung nachträglich eingefügt)
Aber was lesen wir denn hier? In all dem amerikanischen Finanzierungsfilz aus Polit- und Geheimdienstkreisen findet sich sogar Wall Street "Philantroph" George Soros, der sicherlich nur durch seine bedingungslose und uneigennütze Liebe zum Mitmenschen ein Milliardenvermögen anhäufte, als eine bedeutende Geldquelle für politische Umsturze weltweit? Und da wundert es, dass der "böse Putin"
keine westlichen Polit-NGOs ohne Auflagen im Land will? In der Dokumentation oben nannten die Aktivisten ja selbst Russland als das "Endziel" ihrer Umsturzpläne... Welcher verantwortungsvolle Staatenlenker kann das ignorieren?
Und selbst der aktuelle
Umsturz in der Ukraine scheint wieder einmal aus den USA finanziert und nach "otpor!"-Skript, wie unabhängige Medien wie z.B. die Deutschen Wirtschaftsnachrichten berichteten...
Was nimmt sich also dieser Mann aus Moskau da nur raus? Da möchte doch tatsächlich jemand, der die hier beschriebenen Spielchen schon längst erkannt hat und sieht, wie der Westen gegen Russland das Zündeln einfach nicht sein lassen kann (man denke an Georgien vor gar nicht langer Zeit), sein Land, an dem ihm skandalöserweise offensichtlich auch noch etwas liegt, vor Chaos und politischer Instabilität schützen, indem er dessen Machtbereich gegen zu starkes Eindringen ihm nicht freundlich gesonnener Kräfte sichert... Wie kann ein Politiker nur auf so eine skandalöse Idee kommen? Im Westen wäre das glücklicherweise undenkbar.
Aber das ist alles doch so gar nicht passend zu dem, was der liebe Mann im Fernsehen jeden Abend sagt?
Aus diesem Grund hören wir lieber an der Stelle hier auf, schalten wieder brav die Tagesschau ein und lassen uns in den üblichen minimalistischen und inhaltslosen Ton- und Videoschnipseln eintrichtern, wie das "Gute" mit seinem populären Boxergesicht oder in kühner blonder Engelsgestalt verwegen gegen "den bösen Teufel aus Moskau" in der Ukraine in den Ring tritt.
Einseitige Berichterstattung macht sich nicht erst seit gestern weitaus besser als Propaganda um die Massen in die gewünschte Richtung zu lenken. Wen interessieren da schon die hier genannten "anderen Details"? Ihre Aufgabe als guter Investor ist es jedoch, stets das gesamte Bild zu betrachten und sich nicht von solchen Dingen leiten zu lassen.
Und was denkt jetzt eigentlich Ihr Autor dieses Artikels über die ganze Sache?
Kurz und knapp: Jegliche politischen Akteure in diesem "Spielchen" haben wohl ihren eigenen Schmutz und ihre eigenen "Leichen im Keller". Daher erscheint es mir absolut sinnlos für irgendjemanden Partei ergreifen zu wollen. Die Leidtragenden werden aber wohl wieder einmal die sein, die am wenigsten dafür können, nämlich die Bevölkerung der Ukraine. Dieser kann man wohl nur das Beste wünschen und dass sie bald wieder die Chance auf Freiheit, Stabilität und Wohlstand hat und nicht mehr Spielball der Machtblöcke ist.