Finca Bayano als Crash-Oase für Aussteiger? – Teil 1
Zwei Deutsche haben sich auf den Weg nach Mittelamerika gemacht, um sich dort noch in Ruhe auf das heranrollende Ende des angeblichen Aufschwungs vorzubereiten. Sie wollen die Zeit der Krise als Selbstversorger überbrücken und bieten Gleichgesinnten an, sich dem abenteuerlichen Projekt anzuschließen.
Wer die Nase von der BRD voll hat und bereit ist, auf Komfort zu Gunsten von Ruhe, Abgeschiedenheit und dem Gefühl von Freiheit zu verzichten, ist dort genau richtig.
Achim Wendland und Stefan Mudry haben sich 2009 in Panama auf die Suche nach einem passenden Grundstück für ihr großes Vorhaben gemacht und sind mit der “Finca Bayano” fündig geworden. Stefan war so freundlich und hat am 22.08.2010 einige Fragen dazu beantwortet:
Wahrheiten.org: Stefan, Du schreibst aus Panama aus einer richtig grünen Idylle. Was sind Deine Beweggründe für Euer Vorhaben?
Stefan Mudry: Menschen, die so denken wie ich, sind nicht unbedingt im Vorteil. Zumindest nicht, wenn es darum geht, sich täglich mit den möglichen Konsequenzen der Systemkrise zu befassen. Viel lieber wäre es mir, imstande zu sein, die wirtschaftliche Entwicklung zu ignorieren und einfach so weiter zu leben, wie ich das über Jahrzehnte gewohnt war.
Mir ging es – wie den meisten anderen – immer gut. Heute sind die hausgemachten Probleme von damals nichts im Vergleich zu dem, was ich erwarte. Da ich aber keinen Einfluss auf die Mehrheit und deren Entwicklung habe, investiere ich meine Energie in ein Projekt von dem zumindest eine Minderheit profitieren kann.
Erklär doch bitte in wenigen Worten, was für ein Projekt Ihr dort genau aufbaut.
Wir bieten Interessenten die Möglichkeit, ein landwirtschaftliches Grundstück auf der Finca Bayano zu erwerben, das bis zu ihrem Umzug auf die Finca von unserer Firma ”rainforest-invest” bewirtschaftet wird, so dass die Bewohner ab dem Zeitpunkt ihrer Ankunft von den Produkten ihres Landes leben können.
Nach dem Kauf des Landes macht „rainforest-invest“ das Land urbar, legt Gemüsebeete und Obsthaine an und nach der Ankunft erhält der Erwerber auf seinen Bedarf abgestimmte Nutztiere. Auf Wunsch ist sein Wohnhaus auf seinem Baugrundstück dann bereits bezugsfertig.
Weitere Einrichtungen wie ein Wasserkraftwerk, die Trinkwasserversorgung aus der eigenen Quelle, eine eigene Schlosserei, Schreinerei und eine Krankenstation gewährleisten den Bewohnern weitestgehende Unabhängigkeit von den weltwirtschaftlichen Turbulenzen.
Warum heißt das Projekt “Finca Bayano 2012??
Um das Land für unser Projekt zu finden, sind wir 10.000 Kilometer kreuz und quer durch Panama gefahren. Fast hätten wir am Lago Bayano – 100 Kilometer östlich von Panama-City – mit dem Projekt begonnen. Da es dort zu heiß ist, suchten wir weiter. Wir fanden aber, dass Bayano ein schöner Name ist, den alle Beteiligten leicht aussprechen können. So blieb der Name erhalten, obwohl die Finca nicht am gleichnamigen See liegt.
Der Zusatz “2012? rührt daher, dass wir von zwei Jahren Vorbereitungszeit ausgehen und es zu diesem Zeitpunkt in Europa ”eng” werden könnte.
Was hat Euch bewogen, auszuwandern? War das schon immer Dein Traum?
Ich bin immer schon gerne gereist und war in ziemlich vielen Ländern unterwegs. So sind mir schon länger die unterschiedlichen Lebensvoraussetzungen, die die Länder und Regionen bieten, aufgefallen. Allerdings stand ich dem System hier immer schon kritisch gegenüber. Anfangs eher instinktiv und ohne Hintergrundwissen, aber immer schon fragte ich mich, wie dieses System längerfristig mit ewigem Wachstum erhalten bleiben kann.
Erst als 2007 die ersten Zeichen einer Wirtschaftskrise zu erkennen waren begann ich, mich intensiv zu informieren. Zum damaligen Zeitpunkt überschätzte ich die Dramatik und rechnete mit einem schnellen Zusammenbruch. Gleichzeitig unterschätzte ich die Regierenden dieser Welt, die letztendlich alles tun, um in ihren Sesseln sitzen zu bleiben.
Glaubst Du, falls in den nächsten Monaten oder auch erst Jahren, ein langsamer oder schneller Crash geschieht, dass Ihr in Panama eher überleben könnt?
Ich glaube, es wird noch ein paar Jahre dauern. So ein richtiger Crash kommt nicht über Nacht. Aber das ist ein Vorteil für uns, denn es bleibt uns Zeit, das Projekt aufzubauen und uns vorzubereiten. Vor 2 Jahren hätte unser Vorhaben keine Chance gehabt, denn damals glaubten die Leute nicht an einen Crash. Auch heute sind es nur sehr wenige. Viele scheuen sich noch davor, an so etwas zu denken. Das wird sich wahrscheinlich langsam ändern, aber dennoch werden die allerwenigsten wirklich auf einen Systemzusammenbruch vorbereitet sein.
Panama dürfte eines der wenigen Länder sein, wo wir eine Chance haben. Europa ist zu dicht besiedelt: 500 Millionen Menschen stehen nur 100 Millionen Hektar Agrarland zur Verfügung und nur während 6 Monaten im Jahr kann geerntet werden.
Asien ist heute schon Kriegsschauplatz, hat aber mit möglichen Auseinandersetzungen noch viel Schlimmeres zu erwarten. Nicht nur Israel/Iran sondern auch ein kommender Crash in China oder Indien/Pakistan könnten ein Thema sein. Australien könnte wegen seiner Bodenschätze das Ziel von Angriffen werden und ist nicht gerade einwanderungsfreundlich. In Nordamerika könnte es einen Bürgerkrieg geben, denn längerfristig wird die ungleiche Verteilung zu Konflikten führen. Ein Beispiel dafür ist Rodney King in Los Angeles, 1992. Afrika ist zu unstabil und der große Rest Lateinamerikas ist zu gefährlich. Uruguay wäre eine der wenigen Alternativen gewesen, denn auch Paraguay ist mittlerweile zu gefährlich. Beide Länder haben zudem eine ausgeprägte Kältephase.
Ist es aber nicht eher so, dass man im Ausland gegenüber seiner Heimat mit zahlreichen Nachteilen zu kämpfen hat, wenn es hart auf hart kommt?
Aus der dichten Besiedlung Europas resultieren heute kurze Transportwege und Logistikvorteile. Was passiert aber, wenn Europäer nichts mehr exportieren und daher wegen ausfallender Einnahmen nichts mehr importieren können? Spätestens dann wird sich zeigen, dass die europäische Zivilisation nicht imstande ist, sich selbst zu versorgen. Wegen der fehlenden Agrarflächen kann die Bevölkerung derzeit nur durch einen sehr hohen Automatisierungsgrad der Landwirtschaft und Importe ausreichend versorgt werden.
Panama ist ein dünn besiedeltes Land und ein Einwanderungsland. Im Gegensatz zu Mitteleuropa leben in Panama auf dem Land alle von ihrem Feld weitgehend als Selbstversorger. Diese Leute sind kaum bis gar nicht von den Zuständen in den Metropolen betroffen.
Gegenfrage: Was mache ich in meiner Heimat Kreuzberg? Dort ist Schlimmeres als in Panama-City zu erwarten, wenn es zur Sache geht. Sollte es zur Plünderung der Supermärkte kommen, haben viele schon vorgesorgt, denn in Kreuzberg dürfte die Dichte illegaler Waffen mit die Höchste in Europa sein.
Seit wann seid Ihr nun schon vor Ort?
2006 haben wir rainforest-invest gegründet, seitdem verbringe ich einen Teil des Jahres hier. Seit Dezember 2009 habe ich meinen Wohnsitz in Panama.
Wo genau liegt die Siedlung?
350 Kilometer westlich von Panama-City, auf einer Hochebene 500 Meter über dem Meeresspiegel, 7 km von dem nächsten Ort entfernt und 25 km von der Pazifikküste.
Wie muss ich mir die Gegend vorstellen, gibt es hier bei uns vergleichbare Landschaften?
Das ist am besten auf der Webseite zu sehen. Mittlerweile sind dort fast 200 Abbildungen und 2 Videos. Topographisch vergleichbare Landschaften gibt es in Baden-Württemberg und Bayern, aber klimatisch ist Panama nicht mit Europa zu vergleichen.
Die Finca Bayano liegt auf einer Höhe, wo für uns Europäer ein Super-Klima herrscht. Durchschnittstemperaturen von 25° C, ausreichende Niederschläge, genug Sonne, gute Böden und ein extrem dünn besiedeltes Gebiet sind beste Voraussetzungen für unser Vorhaben.
Beschreib bitte mal, wie die Menschen sind. Sind diese grundsätzlich “kompatibel” zu unserem Welt- und Kultur-Verständnis bzw. sind wir es umgekehrt?
Wer nach Lateinamerika geht, muss grundsätzlich anpassungsfähig sein. Das trifft aber auch auf das europäische Ausland zu. Aus diesem Grunde wandern ja auch nur wenige aus. Die Angst vor der Fremde und der Umstellung, der Verlust von persönlichen Beziehungen und die Problematik eines gesicherten Einkommens, sowie die soziale Versorgung schreckt viele davon ab, wegzugehen. Solange das System funktioniert ist das nachvollziehbar. Was passiert aber, wenn es eines Tages zusammenbricht?
In Panama werden wir von den Menschen respektiert, wenn wir sie respektieren. Insbesondere, wenn wir ihre Sprache sprechen oder uns bemühen, sie zu lernen und an ihrem gesellschaftlichen Leben teilhaben. Das betrifft gerade Kinder. Mein Sohn Marlon (9) hatte absolut keine Probleme bei der Integration. In der Schule ist er der Exot, der mit Fragen überhäuft wird und Freundschaften hat er sofort geschlossen. Prinzipiell sind die Menschen in Panama einfach und gerade in den Dörfern, wo jeder jeden kennt, ist die Hilfsbereitschaft besonders ausgeprägt.
Ausländerfeinlichkeit gibt es hier nicht. Zumindest habe ich sie nie verspürt und Deutsche stehen hier ganz hoch im Kurs. Das war insbesondere daran zu erkennen, dass zur Fußballweltmeisterschaft die deutsche Fahne an Autoscheiben neben der argentinischen die am meisten gesehene war, die Fahrer der Autos aber Panameños waren. Daher wollen wir auch die Produkte der Finca Bayano unter dem Namen ”Bio Aleman” verkaufen. Woher diese Sympathie rührt, ist mir noch nicht bekannt.
Wie hoch ist der Lebensstandard der Allgemeinheit in Panama?
Mit der höchste in Lateinamerika. Durch den Reichtum, den die Natur bietet, mit mehreren Ernten pro Jahr und ausreichenden Niederschlägen, ist die Landbevölkerung nicht, wie in anderen tropischen Ländern, von Hunger oder Durst bedroht.
Gibt es noch weitere Aussteiger aus anderen Ländern oder ähnliche Siedlungsprojekte?
Es gibt eine geringe Anzahl von Ökodörfern in Lateinamerika. Unser Projekt unterscheidet sich dadurch, dass wir für die zukünftigen Bewohner schon vor ihrer Ankunft ihr Land bewirtschaften und ihr Haus bauen, ihnen zu einer Dauer-Aufenthaltsgenehmigung verhelfen, so daß bei ihrer Ankunft (gerade mit Kindern) ein sanfter Einstieg gewährleistet ist. Keiner unserer Interessenten hat die Absicht geäußert, noch dieses Jahr umzuziehen.
Wie ist das Wetter dort, ist es typisch feuchttropisch und anstrengend?
Absolut überhaupt nicht anstrengend. Wie oft hatte ich mir während lauwarmer Sommernächte in Berlin gewünscht, das es doch immer so wäre. Hier ist es immer so. Zwar betragen die Temperaturen während der Trockenzeit gelegentlich auch über 30° C, aber nicht jeden Tag und diese Periode dauert nur 3 Monate.
Die Regenzeit, mit viel Regen und Bewölkung, dauert 9 Monate. Normale Haut bedarf ohne Sonne keines Schutzes und der Regen ist angenehm warm, nicht wie in Europa. Die Finca Bayano liegt wie gesagt 500 Meter über dem Meer und es gibt keine Malaria.
Mit welchen Sprachen kommt man dort überhaupt wie gut durch?
Nur mit spanisch. Die Gehälter sind hier aber relativ gering, so dass wir zu sehr günstigen Konditionen Spanischkurse anbieten können, außerdem setzen wir auf Nachbarschaftshilfe der schon weiter Fortgeschrittenen. Nach zwei Monaten ist eine einfache Unterhaltung möglich, nach sechs bis zwölf Monaten sollten alle die Sprache beherrschen.
Den zweiten Teil des Interviews lesen Sie morgen.
http://www.wahrheiten.org/blog/2010/08/26/finca-bayano-als-crash-oase-fuer-aussteiger-teil-1/#more-11995