Tiahuanaco soll tatsächlich 17.000 Jahre alt sein, Kulturvorläufer unbekannt – und die Mythen reden von weißen und bärtigen Kulturbringern mit blauen Augen. Was ist dran?
Tiahuanaco – Eine Stadt wird jünger
Einer der schlagenden Beweise der alternativen Archäologie generell stellt eine Ruinenstätte in Bolivien südlich des Titicacasees dar. Dieser Ort heißt Tiahuanaco, in internationaler Schreibweise wird es Tiwanaku genannt. Der deutsch-bolivianische Archäologe Arthur Posnansky datierte die Stätte auf 15.000 v. Chr. Sie entstand praktisch aus dem Nichts, so heißt es. Doch so viele ungelöste Fragen es auch geben mag – bei Tiahuanaco verstecken sich einige faule Eier als Rätsel getarnt.
Archäoastronomische Datierung …
Eines der größten Mysterien Tiahuanacos macht sein Alter aus. Vor allem für Graham Hancock war dies sehr faszinierend, weil es ganz einfach nicht in unser Geschichtsbild passt, wenn bereits um 15.000 v. Chr. eine Kultur mit ausgeklügelter Organisation ein solches Kultzentrum errichtete – und das ohne Vorläuferkultur, wie Hancock annimmt.
Die archäoastronomische Datierung um 15.000 v. Chr. baut darauf, dass der Zentralplatz Tiahuanacos, die Kalasasaya, ein Sonnenobservatorium war. Kalasasaya bedeutet in Aymara, der Sprache der Indios, “Platz der stehenden Steine”, eine passende Bezeichnung. Der Hauptplatz ist leicht erhöht und besitzt eine rechteckige Form, ca. 130 m mal 120 m, und ist – wie der Name schon sagt – von aufrecht stehenden Monolithen “eingezäunt”. Außerdem ist er nach den vier Himmelsrichtungen ausgerichtet.
Östlich liegt der halbunterirdische Tempel, von dem eine Treppe mit einem Tor heraufführt. An den Tag- und Nachtgleichen geht die Sonne im Zentrum des Tores auf. An der Westseite der Kalasasaya befindet sich eine 30 m messende Pfeilerreihe, mit der sich das Jahr einteilen ließ. Von den ursprünglich elf Pfeilern fehlt einer.
Das Tor vom unterirdischen Tempel gesehen.

Abb. 1: Das Tor vom unterirdischen Tempel gesehen. (Quelle: Crystallinks)
Außer der Annahme, an der Ostseite ließen sich die Äquinoktien (Tag- und Nachtgleichen) erkennen, besteht auch die Möglichkeit, dass mit den Eckpfeilern die Sonnenaufgänge an den Sonnenwenden markiert wurden. Problematisch in dieser Hinsicht ist der Beobachtungspunkt. Je nach Aussichtspunkt verändert sich der Winkel zu den Visierpunkten und somit auch die potentiellen Aufgangspunkte der Sonne.
Hier ist die astronomische Ausrichtung der Kalasasaya dargestellt.

Abb. 2: Hier ist die astronomische Ausrichtung der Kalasasaya dargestellt. (Quelle: Drößler)
Am einfachsten ist es, den Mittelpunkt der westlichen Wand zu benutzen, wie es Posnansky und andere nach ihm getan haben. Das Problem war nun, dass die Sonne an den Wenden eben nicht über den Eckpfeilern aufging.
Posnansky behauptete, dass die Eckpfeiler früher einmal als Visierpunkte dienten, zu dem Zeitpunkt, als Tiahuanaco erbaut wurde. Heute gehe die Sonne an einem anderen Punkt auf. Seine Annahme gründet sich auf das Phänomen der Schiefe der Ekliptik. Sie ist der Winkel zwischen der Umlaufbahn der Erde zum Himmelsäquator und beträgt derzeit 23° 27?. [5] Sie pendelt in einem Rhythmus von 41 000 Jahren zwischen 21,1° uns 23,5°. [6] Die Schiefe der Ekliptik durch Beobachtungen an der Kalasasaya bestimmte er auf 23° 8? 48”.
Die Schiefe der Ekliptik.

Abb. 3: Die Schiefe der Ekliptik
Das würde bedeuten, dass die Kalasasaya um 15.000 v. Chr. erbaut worden ist! Oder, denken wir an das sog. Orion-Rätsel nach Bauval, zumindest nach einem Plan aus dieser Zeit gebaut wurde. Ein absolut unglaubliches Ergebnis!
Die frühesten Spuren menschlicher Aktivität gehen auf 12.000 v. Chr. zurück. Die Pukara-Kultur – ein Vorläufer Tiahuanacos – datiert auf 1000 v. Chr.Nach orthodoxer Meinung wurde in Tiahuanaco um 200 nach Chr. angefangen, zu bauen. Daher vertrug sich Posnaksnys Datierung nicht mit den Vorstellungen anderer Wissenschaftler.
Allerdings blieb natürlich Posnanskys Datierung nicht einfach so stehen. Graham Hancock schreibt, dass “Wissenschaftler anderer Disziplinen” die Ergebnisse von Posnansky ausführlich prüften. Unter den Wissenschaftler waren: Dr. Hans Ludendorff, Leiter der Sternwarte Potsdam; Dr. Friedrich Becker, Specula Vaticanica; Prof. Arnold Kohlschütter, Universität Bonn sowie Dr. Rolf Müller, Astrophyikalisches Institut Potsdam. Sie alle stimmten grundsätzlich mit Posnansky überein, so Hancock.
Zecharia Sitchin beruft sich auch auf all diese Wissenschaftler und fügt hinzu, dass ein Zeitraum zwischen 9300 v. Chr. und 15.000 v. Chr. anzunehmen sei. Rolf Müller fuhr zusammen mit Posnansky mit seinen Forschungen fort und kam zum Ergebnis, die Kalasasaya sei zwischen 10.000 v. Chr. und 4000 / 4050 v. Chr. erbaut worden. Drößler, der sich in bezug auf Tiahuanaco ausführlich auf Müller beruft, erwähnt in seinem Buch “Astronomie in Stein” von einer solchen Datierung merkwürdigerweise nichts.
Die Forschungen wurden den besagten Autoren zufolge in den 20er und 30er Jahren durchgeführt. Wie Sitchin verlauten ließ, arbeitete Müller mit Posnansky zusammen. Offensichtlich überzeugte der Wissenschaftler aus Potsdam Posnansky nicht, denn der vertrat noch um 1976 das Alter Tiahuanacos mit 17.000 Jahren!
Hancock verweist zudem auch darauf, dass ein moderner Archäoastronom, Neil Steede, mit Hilfe von Satellitenaufnahmen die Anlagen auf 10.000 v. Chr. datiert. Er kam in der Fernsehsendung “Mysterious Origins of Man” zu Wort. Um diese Sendung entwickelte sich eine rege Diskussion, die in zwei Artikeln nachzulesen ist.
In jenen Artikeln wird auch ein Punkt angesprochen, zu dem ich keine weiteren Informationen fand. Die Eckpfeiler sollen heute gar nicht mehr zu sehen, sondern durch eine Mauer verdeckt sein. Steiger sieht hier einen der größten Kritikpunkte. Kann der Beobachter die Visierpunkte nicht wahrnehmen, ist auch die Kalasasaya als Observatorium für die Sonnenwenden dahin. Cote hingegen glaubt, dass das einer der besten Hinweise für a) die Kalasasaya als astronomisches Observatorium und b) die Datierung um 10.000 v. Chr. ist. Sieht man nämlich über die Ecken der neuen Mauer, kann man die Aufgänge der Sonne sehen, die heute aktuell sind. Das würde bedeuten, dass die Erbauer ihre Ausrichtung aktualisiert hätten. Im Moment kann ich mir hierzu kein Urteil erlauben.
Doch es gibt gute Gründe die Methode der archäoastronomischen Datierung im Falle Tiahuanacos schlichtweg abzulehnen! Um einen Ort durch astronomische Ausrichtung zu datieren, muss dieser in seinem ursprünglichen Zustand erhalten, Zerstörungen oder Veränderungen müssen präzise dokumentiert sein, um das originale Bild wiederherzustellen. All das ist bei Tiahuanaco nicht der Fall.
Zunächst zerstörten die Spanier eine Menge auf ihrer Suche nach Gold, so Bernabé Cobo. Des Weiteren wurden Statuen und andere Objekte – auch größerer Natur – entfernt. Tiahuanaco selbst wurde ausgiebig als Steinbruch benutzt, sowohl für die nahegelegene Eisenbahn als auch für Häuser in La Paz selbst. Sogar die Armee war an der Zerstörung beteiligt. Sie benutzte die Bauten als praktische Ziele für Schießübungen!
Selbst vor größeren Erschütterungen, die eine Datierung anhand astronomischer Ausrichtung praktisch unmöglich machen, war das einstige Kultzentrum nicht gefeit: mit offizieller Genehmigung wurde Dynamit eingesetzt! Last but not least – der Versuch Tiahuanaco zu rekonstruieren. In großem Maße wurde hier gepfuscht, um den Touristen ein lohnendes Ziel zu bieten. Einige Monolithen, die in größerem Abstand zueinander standen, wiesen an ihren Seiten haarscharfe – wie mit dem Lineal gezogene – Rillen und Abstufungen auf. Was macht man ? Man verbindet die Monolithen durch eine Mauer und verdeckt so die handwerklich meisterhaften Rillen!
Quelle und Weiterlesen
http://www.mysteria3000.de/2001/tiah...t-wird-junger/