Es findet sich keine Partei, die in diesen unruhigen Zeiten die Wähler beruhigen kann. Weil “die Märkte” die Politik hinter sich herschleifen, kann kein klares Wort, kein konkretes Ziel formuliert werden. Dabei haben wir einen Anker, der uns in diesem politischen Sturm nicht davontreiben lässt: Das Grundgesetz.
Wenn es um die Euro-Krise und die Märkte geht, wird uns als einzige Möglichkeit verkauft, mehr Europa zu wagen. Die
Kampagne “Ich-will-Europa” soll uns emotional dafür öffnen, eine Art “Vereinigte Staaten von Europa” voranzutreiben. Paralell findet sich kein Politiker, der sich nicht eine Abstimmung über Europa wünscht, welches nur eine Abstimmung gegen das Grundgesetz sein kann. Welche Partei setzt sich noch für unser Grundgesetz ein? Dabei ist das Grundgesetz unsere Garantie auf Demokratie und das Ausloten von sozialer Gerechtigkeit. Selbst unser Bundespräsident Joachim Gauck zeigt sich bisher nicht gerade als Verteidiger unserer Grundrechte. Noch bevor der unsäglich undemokratische ESM-Vertrag in vieler Munde war, verschätzte sich Bundespräsident Gauck zum Thema ESM (“
Bundespräsident Gauck plädiert für den ESM und damit gegen die Freiheit souveräner Staaten“):
“Ich sehe nicht, dass die Bereitschaft der Regierung konterkariert werden wird vom Bundesverfassungsgericht”, so Gauck bei reuters.com am 17. April 2012 und wird dann sogar zynisch:
Zugleich rief Gauck dazu auf, die Finanzkrise in Europa mit Courage anzugehen. Aus seiner Erfahrung in der DDR wisse er, “dass Angst uns kleine Augen macht und ein enges Herz”
Der weitere Verlauf ist bekannt. Es muss jedoch noch erwähnt werden, dass das BVerG sich genötigt sah, den Bundespräsidenten in aller Öffentlichkeit zu bitten, diese Verträge vorerst nicht zu unterschreiben. Nicht Grundlos sprach Sarah Wagenknecht von einem “kalten Putsch” auf das Grundgesetz.
Am 12. September wird das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung zum ESM und zum Fiskalpakt bekannt geben. Ich wiederhole mich: Leider ist nicht zu erwarten, dass beides einfach abgelehnt wird, sondern dass es zu der Empfehlung kommt, dass über eine weitere Abgabe von Souveränität das Volk abstimmen müsse, was aber nur über Artikel 146 erfolgen kann, welcher widerum die Ablösung unseres Grundgesetzes bedeutet. Dass ausgerechnet Joachim Gauck, das deutsche Staatsoberhaupt, nun Schirmherr der “Ich-will-Europa”-Kampagne ist, deren Ziel es offensichtlich ist, das Grundgesetz abzulösen, zeigt wie doppelzüngig und unklar unsere politischen Führer sind. Von Kanzlerin Merkel heißt es immer, sie würde schweigen. Eigentlich ist sie die einzige Politikerin, die unverblühmt sagt, was sie will. Als sie in der Sendung “Günther Jauch” zu Gast war, betonte sie, dass sie sich auch gegen die Mehrheit der Deutschen für mehr Europa einsetzen wird und hatte dabei wohl ihren Eid “zum Wohle des Deutschen Volkes” in der Garderobe vergessen. Aber auch als sie noch keine Kanzlerin war, hatte sie mitzuteilen:
“Wir haben wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit. Unsere Werte müssen sich auch im Zeitalter von Globalisierung und Wissensgesellschaft behaupten.” Rede zur 60-Jahr-Feier der CDU am 16. Juni 2000
Die soziale Marktwirtschaft kann sicher ein paar Korrekturen gebrauchen, genauso unsere demokratischen Strukturen, aber daran grundsätzlich rütteln? Die Deutschen zumindest wollen dies nicht. So stellte Radio Utopie nach einer Umfrage der FAZ fest:
78 % der Deutschen haben viel Vertrauen in das Grundgesetz, 14 % in die Parteien (22. August 2012). Man kann nur hoffen, dass diese 78 % verstehen, was mit “Wir sind Europa” gemeint ist. Die kampagnenbegleitende Facebook-Seite jedenfalls wird mit kritischen Kommentaren geradezu überschüttet. Entsprechend kommentierte eine Userin heute ganz enttäuscht:
“Ich dachte, dass diese Seite für Menschen gestaltet wurde, die sich für ein EUROPA angagieren wollen. Leider finde ich hier fast nur Beiträge von Nutzern, die EUROPA verachten und sogar mit dem Nationalsozialismus vergleichen. Echt schade, dass diese Seite schon so verbraucht ist….”
Vielleicht ist es so: Mindestens ein dreiviertel unserer Gesellschaft mag Europa, genießt die europäische Kultur, ist tolerant und hilfsbereit, wünscht sich eine voneinander profitierende Wirtschaft. Vielleicht! Es wäre zu wünschen. Aber sicher ist: Die Deutschen haben viel Vertrauen in unser Grundgesetz.
Quelle:
http://denkland.wordpress.com/2012/0...setz-soll-weg/