Deutsche Märchenstunde: Fachkräfte gesucht?
In Deutschland suchen wir angeblich händeringend Fachkräfte. Jeden Tag schreiben uns Fachkräfte, die trotz vieler Bewerbungen und besten Referenzen keine Stelle finden. Andere stellen fest, dass Leistung und lebenslanges Lernen in Deutschland längst zu Fremdwörtern geworden sind.
Lesen Sie bitte einmal zwei Briefe, die wir beide an einem Tag bekommen haben.
Sehr geehrter Herr Dr. Udo Ulfkotte,
ich verfolge schon seit längerer Zeit Ihre Berichterstattung bei Kopp Online (…) Ich höre und lese fast täglich über Fachkräftemangel hier an unserem Arbeitsmarkt. Hierzu muss ich erst mal über mich einige Angaben machen. Ich verfüge über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Industrieelektroniker in der Fachrichtung Gerätetechnik, wo ich 1993 meine Prüfung absolviert habe. Des Weiteren habe ich eine Weiterbildung zum staatlich geprüften Techniker als Elektrotechniker in der Fachrichtung Energietechnik und Prozessautomatisierung, die ich im Juli 2012 erfolgreich absolviert habe. Zurzeit bin ich Arbeitssuchender und Hartz-IV-Empfänger.
Mit den Abschlüssen, die ich habe, könnte ich doch eine Fachkraft sein für den Arbeitsmarkt. Ich schreibe schon seit Juli Bewerbungen und bekomme hier am deutschen Arbeitsmarkt nur Absagen bei dem so genannten Fachkräftemangel, den wir angeblich haben – oder haben wir einen Fachkräftemangel an Migranten?
Bei Firmen aus Österreich bin ich wenigstens zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Kann nicht einmal einer hier für Aufklärung sorgen? Oder liegt das zurzeit an der wirtschaftlichen Lage, die wir in Europa haben? Ich würde mich freuen, wenn zu den Themen mal was geschrieben wird.
Briefe wie diesen bekommen wir fast jeden Tag. Immer mehr Menschen sind arbeitslos, arbeitswillig und bekommen trotz intensiver Suche einfach keine Arbeit. Zugleich wird im Ausland nach Arbeitskräften gesucht. Das kann man einem intelligenten Menschen nicht mehr erklären. Und wir bekommen auch Briefe wie den folgenden:
Hallo Herr Dr. Ulfkotte,
seit Langem verfolge ich Ihre Beiträge, Interviews etc. bei Kopp Online, Alpenparlament usw. Ich bin immer wieder zum Teil geschockt und teils fühle ich mich in meiner Meinung und meinen Ansichten bestätigt. (…) Weshalb ich Ihnen eigentlich schreiben will, ist, dass ich Ihnen mitteilen will, wie derzeit die Arbeitsverhältnisse unter Kollegen und auch die Qualifikationen in den Unternehmen im südostbayrischen Raum aussehen. Derzeit bin ich Angestellter bei einem Großhandel in der IT-Abteilung. Mein »Handwerk« (wenn man es so nennen will) habe ich in einer dreijährigen Lehre erlernt, und selbst danach musste ich mich noch in den einzelnen Fachbereichen teils selbst weiterbilden, um mit der »Konkurrenz« auf dem Arbeitsmarkt mitzuhalten. So dachte ich damals vor ca. sieben Jahren. Erschreckenderweise musste ich in den letzten Jahren feststellen, dass es in der IT-Branche zwar nicht an Kräften mangelt, allerdings fehlt nahezu überall Fachwissen, welches man sich mit Leichtigkeit aneignen könnte.
Einfachste Aufgaben wie Verkabelungen von IT-Anlagen oder Telefonnetzen müssen zu externen Firmen wie Elektrikerbetrieben weiter gegeben werden, die allerdings dann auch nur notdürftig und weit entfernt von den eigentlichen Standards arbeiten. Allerdings muss man auch betonen, dass wirkliche IT-Kräfte vom Fach mit sehr guten Qualifikationen schamlos von ihren eigenen Firmen ausgebeutet werden. In unserem Berufszweig ist nun einmal das Know-how unser Kapital.
Anscheinend wird diese Tatsache wohl damit verwechselt, dass man nur wissen muss, welche Firma man kontaktieren muss, die die Probleme dann beseitigt. Dies ist extrem beschämend für mich und meinen Berufszweig in meinen Augen, nachdem ich mir jahrelang das Wissen, die Fertigkeiten und sogar Sprachen angeeignet habe – beispielsweise Finnisch, um mit der Firma Nokia in Kontakt zu treten (man wird wirklich teilweise direkt nach Finnland zur Hotline verbunden!!). Auch fällt es mir immer öfter auf, dass sogar Kollegen, und zwar junge Kollegen, sich nicht einmal mehr auf Englisch mit jemandem unterhalten können, ja sogar englische Begriffe nicht verstehen. Ich als IT-Mann wurde sogar schon oft gerufen, nur weil ein Lieferant aus Italien NICHT auf Deutsch eine E-Mail verfasst hat, so musste ich dann übersetzen. Auch IT-Grundkenntnisse wie das Drucken von Aufträgen aus dem Warenwirtschaftssystem oder das Speichern von Dokumenten werden für die heutige Jugend eine schier unbezwingbare Herausforderung. Ich spreche hier wirklich von jungen Leuten zwischen 15 und 20 Jahren.
Man muss ihnen allerdings zugutehalten, dass ihre Fertigkeiten, SMS zu schreiben, sich gegenseitig Klingeltöne oder die neuesten Videos per Handy zu schicken, keine Herausforderung mehr sind. Eine Spaßgesellschaft, die aufgehört hat, sich stetig zu verbessern, ist in meinen Augen dem Untergang geweiht. Was ist nur aus dem Grundideal von Goethe geworden, welcher sogar über das Klettern auf einen Kirchturm versucht hat, sich seine Höhenangst zu nehmen? War es nicht einmal die deutsche Lebensphilosophie, durch kluge Köpfe und Erfindergeist die Welt zu verbessern? Mir erscheint es fast so, als wäre dies alles schon so lange her, dass daraus kein Funken Wahrheit mehr zu entnehmen ist. Diese eiskalte Weigerung, weiter zu lernen, sich weiter zu bilden, frustriert mich tagtäglich immer mehr. Dies soll keine Anklage oder ein »Frustablassen« sein. Mich würde freuen, wenn Sie evtl. in einem Ihrer Beiträge dieses schockierende Bild, das ich Ihnen hier aufgezeigt habe, und welches der Wahrheit entspricht, den Bloggern, Lesern etc. im Internet näher bringen würden, da Sie ein weitaus größeres Publikum ansprechen können als ich.
An dieser Stelle nun möchte ich Ihnen danken, dass Sie diese E-Mail gelesen haben, auch wenn es sehr viel Stoff ist.
Mit freundlichen Grüßen
Man kann die vorgenannten Briefe auf einen Nenner bringen: Deutschland schafft sich ab. Jeden Tag bekommen wir in der Redaktion Massen von Post, die wir wegen der Masse leider nicht immer einzeln beantworten können. Deshalb an dieser Stelle einfach einmal ein großer Dank an alle Leser, die uns täglich wertvolle Hinweise geben, über Schicksale berichten oder einfach nur Mut zusprechen wollen. Ihnen allen unseren herzlichen Dank!
Quelle: http://info.kopp-verlag.de/hintergru...07295E33F0CC7D
weitere Info zum Thema: http://www.globale-evolution.de/show...eure-%28VDI%29Weitere Leserbriefe zum Thema »Deutsche Märchenstunde: Fachkräfte gesucht?«
Nachdem wir an dieser Stelle einen Artikel mit den Erfahrungen von Fachkräften, die dringend eine Stelle suchen, veröffentlicht haben, schrieben uns viele andere Menschen, die trotz vieler Bewerbungen und bester Referenzen keine Stelle finden. Lesen Sie, wie es da draußen abseits der politischen Durchhalteparolen wirklich aussieht. Brauchen wir wirklich ein weiteres Rettungspaket für Griechenland? Oder zur Abwechslung vielleicht mal wieder Hilfe für die Menschen hier in Deutschland?
Lesen Sie bitte eine kleine Auswahl der Briefe, die wir nach der Veröffentlichung des Berichts über Fachkräftemangel in Deutschland bekommen haben. Da schreibt uns die Leserin Sabrina:
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Ulfkotte,
ich kann die Aussagen meiner Leidensgenossen, die Sie hier veröffentlicht haben, nur bestätigen. Mein Mann (53 Jahre alt, zwei abgeschlossene Ausbildungen in handwerklichen Berufen, keine gesundheitlichen Einschränkungen, keine negativen Referenzen, mobil) ist seit fast vier Jahren zum wiederholten Mal arbeitslos. Ich selbst habe zuletzt innerhalb von sage und schreibe 1,5 Jahren drei Jobs in unterschiedlichen Branchen aufgrund weggebrochener Auftragslage verloren.
Meinen jeweiligen Kolleginnen erging es nicht anders. Mein Mann hat wiederholt jeden in Frage kommenden Betrieb in einem Umkreis von über 40 km angeschrieben. Es sind zwei Aktenordner voller Bewerbungen. Kein Bedarf an Personal! Bei mir sieht es nicht viel besser aus. Bei den schlecht entlohnten Gelegenheitsjobs, die ich hätte haben können (Arbeitszeit zwei bis drei Std. am Tag) hätte ich aufgrund der langen Fahrtwege noch drauflegen müssen. Ostwestfalen gilt an sich als wirtschaftlich recht stabile Region (war es auch einmal), jedoch ist hier, neben einem erdrückenden Rentneranteil, mittlerweile jeder Fünfte im arbeitsfähigem Alter ohne Job. Schlimmer noch, von denen, die arbeiten, haben (ich möchte behaupten) 80 % nicht mehr als mit Hartz IV. Oft sind es trotz Facharbeiter-Vollzeitjob (ggf. noch in Schicht) am Ende des Monats nicht mehr als 1.000 bis 1.200 € netto.
Gelegenheitsjobbern und Ungelernten sowie in vielen typischen Frauenberufen geht es/ ist es noch schlechter – hier sind es oft nur 800 bis 900 €. Viele haben nach Abzug der NÖTIGSTEN UNAUSWEICHLICHEN Kosten kaum 200 bis 300 €, um die Familie durchzubringen, wer es innerhalb eines Jahres schafft, sich z.B. 500 € an die Seite zu legen, gilt schon als besser dargestellt. Viele können dies nicht und man kann in Zeitlupe dabei zusehen, wie sie im Laufe weniger Jahre ihr Hab und Gut verlieren, da Reparaturen und Neuanschaffungen nicht mehr möglich sind. Sehr viele Ein- und Zweifamilienhäuser sind in einem desolaten Zustand, während sich die Wohnblockgettos immer weiter ausdehnen.
Auch sieht man seit geraumer Zeit wieder immer mehr Fahrradfahrer auf den Straßen, während der Pkw-Verkehr merklich abnimmt. Stau im morgendlichen Berufsverkehr gibt es hier nicht mehr. Bei genauerer Betrachtung wird auch klar, warum. Nicht nur die Innenstädte stehen halb leer, sondern auch die Industriegebiete. Wenn das noch drei bis vier Jahre so weitergeht, dann haben wir hier Zustände wie auf dem platten Land in der ehemaligen DDR. Dann kann man wirklich von Geisterstädten und -dörfern sprechen. Die Entwicklung ist mehr als alarmierend und es sieht nicht so aus, als ob sich dies bessern würde – im Gegenteil. Und es ist doch wirklich so, dass zwölfjährige Kids schon einen Handyvertrag in der Tasche haben, der ggf. 20 bis 30 € kostet, es dafür aber dreimal die Woche Spaghetti mit Tomatenmark gibt. Irgendwas muss man sich ja wohl gönnen...!? Wir selbst schlagen einen anderen Weg ein und versuchen seit drei Jahren, uns eine funktionierende Selbstversorgung aufzubauen. Allerdings geht dieses Vorhaben auch nur stockend voran, da wir bis vor einem Jahr so gut wie nichts investieren konnten. Der Alltag hier zwischen Wiehengebirge und Teutoburger Wald mutiert mehr und mehr zum Überlebenskampf...
Mit freundlichen Grüßen
Sabrina
Ein weiterer Leser schreibt:
Sehr geehrte Damen und Herren,
bitte richten Sie Herrn Udo Ulfkotte aus, dass mich der oben genannte Artikel sehr gefreut hat und es wichtig ist, dass dieses Thema öfters aufgegriffen und darüber geschrieben wird. Es krankt an allen Stellen in Deutschland und es wird einfach nicht darüber geschrieben. Die vielen guten Menschen, die dieses Land und die Wirtschaft noch am Leben halten, müssen sich mehr und mehr kaputt arbeiten, um den unaufhaltsamen Verfall des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems zu verlangsamen.
Die in dem Artikel genannten Beispiele zeigen wahrlich nur die Spitze des Eisbergs und des unfassbaren Alltags in Deutschland. Fast unmerklich passt sich die breite Masse einem immer niedrigeren Level an und merkt dabei nicht, dass die eigentlichen Helden, die alles am Leben halten, mit Füßen getreten werden. Zu meiner Person: Selbstständiger Unternehmer im Handel und Vertrieb, IT-Branche (Internet-Provider).
Beste Grüße
Christian
Und Leser Mario teilt uns mit:
Hallo Herr Ulfkotte,
ich möchte zu Ihrem Artikel und den Leserbriefen noch etwas anmerken. Ich habe 1996 mein Studium zum Diplomingenieur (FH) Elektrotechnik abgeschlossen, arbeite seitdem aber mehr in der Software-Branche. Ich habe festgestellt, dass es im Softwarebereich durchaus Probleme gibt, Fachkräfte zu finden. Dies liegt meiner Meinung nach an den völlig überzogenen Vorstellungen der Firmen. Es muss quasi immer ein Ingenieur sein, selbst für Arbeiten, wo ein gut ausgebildeter und mit Praxiserfahrung ausgestatteter Facharbeiter durchaus ebenfalls geeignet wäre. Vielleicht ist das alles absichtlich so gestaltet, um den Eindruck eines Fachkräftemangels zu verstärken.
Ein weiteres Problem ist, dass zwar viel Arbeit zu erledigen ist, die Abteilungen aber ein Budget »von oben« aufgedrückt bekommen, das nicht ausreicht, auch nur annähernd genug Leute zur Bewältigung der Aufgaben zu beschäftigen. Die Mitarbeiter, die da sind, sind dann hoffnungslos überlastet oder die Arbeit bleibt halt einfach liegen. Unter diesen Bedingungen sollen dann aber gleichzeitig die Unternehmensziele (mehr Gewinn) erreicht werden. Für mich sieht es so aus, dass die deutsche Wirtschaft kaputt gespart werden soll. Gleichzeitig sollen Facharbeiter demotiviert und demoralisiert werden. Im Prinzip nichts anderes als die Bombardierung von Dresden und Nürnberg im Zweiten Weltkrieg, nur halt ohne den Aufwand, die Bomben produzieren, transportieren und abwerfen zu müssen.
Sonnige Grüße
Mario
Wir bekommen immer mehr Zuschriften, die wir einfach nicht alle persönlich beantworten können. Jeder nimmt den Niedergang Deutschlands aus einer anderen Perspektive wahr. Deshalb an dieser Stelle noch einfach einmal ein großer Dank an alle Leser, die uns täglich wertvolle Hinweise geben (auch für den Informationsdienst Kopp Exklusiv), über Schicksale berichten oder einfach nur Mut zusprechen wollen. Ihnen allen unseren ausdrücklichen herzlichen Dank!
Quelle: http://info.kopp-verlag.de/hintergru...86A2D76185B816
Liebe Grüße